Was Sie über Abmahnungen wissen sollten!

Irrtum Nr. 1.: Eine Abmahnung kann nur innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen.

Das ist falsch. Für den Ausspruch einer Abmahnung gibt es keine gesetzliche Frist. Der Arbeitgeber kann aber die Wirksamkeit einer Abmahnung gefährden, wenn er zu viel Zeit zwischen dem Fehlverhalten und dem Ausspruch einer Abmahnung verstreichen lässt und sich der Arbeitnehmer dann auf die sogenannte Verwirkung berufen kann.

Wenn eine Abmahnung so spät ausgesprochen wir, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr mit einer solchen rechnen musste, kann der Arbeitnehmer sich in der Regel vor dem Arbeitsgericht erfolgreich dagegen wehren.

Aber auch der Arbeitnehmer sollte bei Erhalt einer Abmahnung zeitnah reagieren. Andernfalls läuft er Gefahr, dass sein Nichtstun später so gedeutet wird, als hätte er die Abmahnung akzeptiert und deren Inhalte als richtig anerkannt. Er sollte den Sachverhalt richtigstellen und die Entfernung aus der Personalakte fordern.

Irrtum Nr. 2.: Eine Abmahnung kann nur schriftlich erfolgen.

Auch das ist falsch. Der Ausspruch einer Abmahnung ist auch mündlich möglich. Allerdings besteht dann für den Arbeitgeber ein großes Beweisproblem hinsichtlich der genauen Inhalte der Abmahnung, so dass die Abmahnung im Regelfall nicht als Grundlage einer späteren verhaltensbedingten Kündigung dienen kann.

In der gerichtlichen Praxis entpuppen sich vermeintliche mündliche Abmahnungen häufig allenfalls als Ermahnung. Denn zum notwendigen Inhalt einer wirksamen Abmahnung gehört nicht nur die genaue Beschreibung des dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Fehlverhaltens mit genauen Zeitangaben, sondern auch die Androhung einer Kündigung für den Fall eines erneuten gleichgelagerten Fehlverhaltens. Gerade Letzteres wird bei einer vermeintlichen mündlichen Abmahnung durch den Arbeitgeber jedoch häufig vergessen. Zudem sind mündliche Abmahnungen meistens vor Gericht nicht nachweisbar, weil es hierfür keine Zeugen gibt.

Irrtum Nr. 3.: Eine Kündigung ist nur nach drei vorherigen Abmahnungen möglich.

Dies ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Es kommt jeweils auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers an, wie viele Abmahnungen vorher notwendig sind oder ob das Fehlverhalten gegebenenfalls sogar so gravierend ist, dass eine sofortige außerordentliche und fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann (z.B. bei Straftaten gegen den Arbeitgeber).

Wie viele Abmahnungen es vor einer ordentlichen Kündigung bedarf, kommt auf die Umstände des Einzelfalls an und ist jeweils abzuwägen (Frage der Verhältnismäßigkeit). Abhängig von der Schwere der Pflichtverletzung und der Erfolglosigkeit anderer vorangegangener Maßnahmen, wie z.B. einer Rüge oder einer Versetzung, kann auch eine einmalige Abmahnung ausreichend sein. Ist dies nicht der Fall, ist zu prüfen, ob es sich um ein gleich gelagertes Fehlverhalten handelt und damit überhaupt ein vorwerfbarer Wiederholungsfall vorliegt.

Wenn ein Arbeitgeber zu häufig abmahnt und immer wieder Kündigungen androht, aber trotz gleich gelagerter Pflichtverletzungen nie eine Kündigung ausspricht, kann dies die Wirkung der Abmahnung nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung sogar so sehr abschwächen, dass keine Kündigung zulässig ist, weil der Arbeitnehmer die Abmahnungen nicht mehr ernst nehmen musste. Die letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung muss daher besonders eindringlich gestaltet werden.

Erschienen in: SonntagsReport vom 30./31.12.2017