Abmahnungen
Abmahnungen sind ein juristisches „Werkzeug“, welches dazu dienen soll, ein aufwendiges und sehr teures Gerichtsverfahren, unter Umständen auch im sog. einstweiligen Rechtsschutz zu vermeiden. In der Regel wird in einer Abmahnung dem Abgemahnten ein Verhalten vorgeworfen, welches den Abmahnenden in seinen Rechten, welche meist urheberrechtlicher, markenrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher Natur sind, verletzt.
Der Abgemahnte wird in der Abmahnung dazu aufgefordert, das aus Sicht des Abmahnenden rechtswidrige Handeln unverzüglich zu unterlassen. Ebenso wird – um zukünftigen Rechtsverletzungen vorzubeugen – eine sog. strafbewehrte Unterlassungserklärung eingefordert, mit der sich der Abgemahnte verpflichtet, das abgemahnte Verhalten auch künftig zu unterlassen, anderenfalls eine Vertragsstrafe an den Abmahnenden zu zahlen ist. Da die Abmahnungen regelmäßig von Anwaltskanzleien erstellt werden, enthalten die Abmahnschreiben auch teils sehr hohe Forderungen hinsichtlich der Anwaltsgebühren.
Privatpersonen sind in der Praxis besonders, aber nicht abschließend, von Abmahnungen in folgenden Fallgruppen betroffen:
- „illegaler“ Download / Upload von urheberrechtlich geschützten Werken wie z.B. Musik, Filmen sowie Software,
- unberechtigte Verwendung fremder Lichtbilder / Texte im Internet,
- angebliches gewerbliches Handeln bei Internetauktionsplattformen unter Missachtung der geltenden Fernabsatzregelungen,
- Verletzung von Markenrechten durch Anbieten von Produktfälschungen oder sog. Grauimporte
Unternehmer werden häufig abgemahnt wegen:
- angeblich rechtswidriger Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen
- Verstöße gegen die speziellen Regelungen im Fernabsatzhandel, insbesondere im Internet
- rechtswidrige Werbung
- Verstöße gegen Marken- und Urheberrecht
Die Prüfung der Frage, ob eine Abmahnung ganz oder teilweise zu Recht erfolgt ist, erfordert Kenntnisse und Erfahrungen im IT-Recht sowie technischen Sachverstand. Wer ohne fachkundige Prüfung eine Unterlassungserklärung – möglicherweise verbunden mit weiteren rechtswirksamen Verpflichtungen, wie z.B. die Zahlung von Schadensersatz – unterschreibt, verschenkt möglicherweise Geld. Denn in vielen Fällen sind die Ansprüche der Abmahnenden nicht oder nur teilweise begründet!
Wettbewerbsrechtliche Abmahnung
Das Wettbewerbsrecht, im wesentlichen im Gesetz zur Vermeidung unlauteren Wettbewerbs niedergelegt, stellt Verhaltensnormen für den Wettbewerb von Unternehmen untereinander auf. Da viele Regeln sehr allgemein formuliert sind, spielt die Rechtsprechung bei der Konkretisierung der Normen eine große Rolle.
Da insoweit in der Regel nur über Einzelfälle entschieden wird und eine Verallgemeinerung einer Entscheidung oft nicht möglich ist, birgt ein gerichtliches Verfahren in Wettbewerbssachen immer Risiken.
Je besser die Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung ist, desto eher kann eine Prognose der Erfolgsaussichten erfolgen.
Häufige Fallgestaltungen im Wettbewerbsrecht sind Abmahnungen wegen unzulässigen Klauseln in AGB sowie die Verletzung von Hinweis- und Informationspflichten, die sich aus dem bürgerlichen Recht (BGB und EGBGB) sowie aus sonstigen verbraucherschützenden Normen ergeben (Textilkennzeichnungsverordnung, Preisangabenverordnung).
Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen dienen dazu, ein wettbewerbsrechtlich unzulässiges Verhalten zunächst ohne gerichtliches Verfahren zu unterbinden. Regelmäßig erfolgt eine Abmahnung im Namen eines Wettbewerbers oder einer zu Interessenvertretung berechtigten Organisation, wie z.B. Kammern, Verbraucherschutzorganisationen.
Sehr häufig werden Privatleute wegen Verkäufen bei Ebay abgemahnt, weil sie in den Augen der Wettbewerber gewerblich tätig sind, ohne die für gewerbliche Händler zwingend zu beachtenden Vorschriften zu befolgen.
Unlauterer Wettbewerb kann sich auch aus fehlerhaften AGB ergeben, soweit dem Verwender hierdurch ein Wettbewerbsvorteil entsteht. Klassischer Fall ist die fehlende oder fehlerhafte Widerrufsbelehrung.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen betreffen sehr häufig Inhaber von Ebay- oder Onlineshops, da deren Angebot – anders als bei einem Ladengeschäft – jederzeit bundesweit einsehbar ist. Bekannt fehlerhafte Formulierungen können sogar per Suchmaschine gezielt gefunden werden.
Bei einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung muss schnell reagiert werden, um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz zu verhindern. Zu prüfen ist u.a., ob ein Wettbewerbsverstoß vorliegt und ob der Abmahnende überhaupt Wettbewerber oder anderweitig berechtigt ist, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Oft gibt es zudem Hinweise auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Abmahnenden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Abmahnung allein aus Schädigungsabsicht erfolgt, der Abmahnende selbst wettbewerbswidrig handelt oder durch die Abmahnkosten Gewinn erzielt werden soll.
Markenrechtliche Abmahnung
Das Markenrecht, geregelt im Markengesetz, dient dem Schutz von Marken und Unternehmenskennzeichen bzw. Unternehmensbezeichnungen. Markenrechtlicher Schutz entsteht durch Eintragung einer Marke in das deutsche oder europäische Markenregister. Unternehmenskennzeichen oder Marken können jedoch auch ohne Eintragung geschützt sein, beispielsweise wenn sie eine überragende Bekanntheit erlangt haben.
Abmahnungen im Markenrecht haben häufig folgende Fallgestaltungen zum Gegenstand:
- Benutzung einer fremden Marke zur Bewerbung eigener Produkte (z.B. „wie Produkt XY“)
- Import und Vertrieb von Markenprodukten, welche nicht für den Vertrieb in der EU bestimmt sind.
- Vertrieb von Markenprodukten außerhalb eines Vertriebssystems
Auch im Markenrecht gilt: Der Handel über das Internet und die weltweite Erreichbarkeit von Angeboten führen dazu, das Markenrechtsverstöße durch Markeninhaber leicht festgestellt und verfolgt werden können.
Abmahnung im Urheberrecht
Das Urheberrecht (geregelt im Urheberrechtsgesetz – UrhG) dient dem Schutz geistigen Eigentums. Geschützt sind unter anderem Texte, Bilder, Kompositionen und Fotos, jedoch auch der Quellcode einer Software oder Datenbanken.
Gegenstand urheberrechtlicher Abmahnungen ist häufig die Verwendung fremder Texte und Bilder auf dem eigenen Internetauftritt oder bei einer Onlineauktion, z.B. unerlaubte Verwendung von Produktbeschreibungen und Produktfotos, Stadtpläne etc. Auch Abmahnungen wegen Filesharing betreffen das Urheberrecht.
Im Bereich der Softwareentwicklung stellt die Verwendung von fremder Software ohne entsprechende Lizenz ebenfalls eine Urheberrechtsverletzung dar.
Filesharing
Abmahnungen wegen des angeblichen Zurverfügungstellens urheberrechtlich geschützter Werke wie z.B. Musikstücken, (Kino-)filmen oder Software werden nach wie vor in großer Anzahl von hierauf spezialisierten Anwaltskanzleien verschickt.
In aller Regel soll der behauptete Urheberrechtsverstoß durch die Nutzung einer Peer-to-Peer-Tauschbörse (Filesharing) begangen worden sein.
Hierbei lädt der Nutzer eine Datei (Musik, Film etc.) herunter, während er zugleich Dateien, die sich in dem entsprechend freigegebenen Ordner auf seiner Festplatte befinden, zum Download zur Verfügung stellt.
Das Zurverfügungstellen ist aus Sicht der Rechteinhaber der weitaus gravierendere Verstoß, da die Dateien potentiell tausenden anderer Nutzer zur Verfügung gestellt wird. Allerdings ist bereits der Download rechtswidrig, sofern die Datei aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle stammt.
Viele Nutzer sind sich nicht darüber im Klaren, dass sie selbst zum Anbieter von Downloads werden und häufen hunderte Dateien in dem freigegebenen Ordner an. Hierdurch steigt das Risiko, abgemahnt zu werden, ganz enorm. Ebenfalls unbekannt ist vielen die Tatsache, dass die Downloads in Paketen erfolgen und aus verschiedenen Quellen stammen, d.h. die Daten, die am Ende z.B. eine MP3-Datei ergeben, können von unterschiedlichen Rechnern im Netzwerk stammen. Dies bedeutet, dass selbst bei einem gerade erst begonnenen Download der Nutzer bereits (Paket-)Daten für andere Nutzer bereitstellt.
Abgemahnt wird stets der Anschlussinhaber, da die vom Rechteinhaber protokollierten IP-Adressen lediglich dem Anschluss, nicht jedoch einer bestimmten Person zuzuordnen sind.
Sollten Sie eine Abmahnung erhalten, empfiehlt es sich in jedem Fall, diese anwaltlich prüfen zu lassen. Keinesfalls sollte die Abmahnung bzw. die dort gesetzten Fristen ignoriert werden. Es droht ein gerichtliches Verfahren mit hohen Kosten.
Nicht alle Abmahnungen sind berechtigt. Technische Fehler bei der Ermittlung oder Zuordnung der IP-Adresse können trotz entgegenlautender Behauptungen der Rechteinhaber nie ganz ausgeschlossen werden. Ebenso ist zu prüfen, ob der Anschlussinhaber tatsächlich und rechtlich für die Urheberrechtsverletzung haftbar gemacht werden kann. Zu prüfen sind in jedem Fall auch die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes sowie die Anwaltsgebühren.