Was Sie zu Mindestlohn und Minijob wissen sollten!

Irrtum Nr. 1: Der Mindestlohn gilt nicht für Bereitschaftszeiten.

Das ist falsch. Der gesetzliche Mindestlohn ist für jede geleistete Arbeitsstunde zu zahlen. Zur vergütungspflichtigen Arbeit rechnen auch Bereitschaftszeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort – innerhalb oder außerhalb des Betriebs – bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen.

Ob jedoch ein Anspruch auf eine weitere Vergütung besteht, ist im Einzelfall anhand der insgesamt geleisteten Stunden und der insgesamt erhaltenen Vergütung zu beurteilen: So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) gleichwohl den geltend gemachten Anspruch eines Rettungsassistenten auf eine höhere Vergütung der Bereitschaftszeiten zurückgewiesen.

Dieser war im Rahmen einer Vier-Tage-Woche in Zwölfstundenschichten durchschnittlich 48 Stunden wöchentlich beschäftigt. Es fielen regelmäßig Bereitschaftszeiten an. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers belief sich auf 2.680,31 Euro nebst Zulagen.

Nach dem BAG sei zwar Bereitschaftszeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, der Anspruch des Klägers hierauf aber erfüllt. Bei maximal 228 Arbeitsstunden, die der Kläger mit Vollarbeit und Bereitschaftszeiten in einem Monat tatsächlich leisten kann, erreichte die gezahlte Monatsvergütung den (früheren) gesetzlichen Mindestlohn (228 Stunden zu 8,50 Euro = 1.938,00 Euro brutto monatlich) nicht nur, sondern überstieg ihn. Ein Anspruch auf weitere Vergütung bestehe daher nicht.

Irrtum Nr. 2.: Der Mindestlohn ist ohne Berücksichtigung von Zulagen einzuhalten.

Auch das ist so nicht richtig. Es kommt auf die Art der Zulage an. Das BAG fasst die Regelung wie folgt zusammen: Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit 8,50 Euro (bis zum 31. Dezember 2016; danach: 8,84 Euro) ergibt (BAG, 21.12.2016 – 5 AZR 374/16, BAGE 157, 356).

Es gilt ein umfassender Entgeltbegriff, weshalb alle im Austauschverhältnis stehenden Geldleistungen des Arbeitgebers geeignet sind, den Mindestlohnanspruch des Arbeitnehmers zu erfüllen. Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt folglich nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (BAG, 25.05.2016 – 5 AZR 135/16, BAGE 155, 202). Letzteres gilt zum Beispiel für Nachzuschläge gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG. Auch Son­der­zah­lun­gen, die nur ein- oder zwei­mal im Jahr gewährt wer­den, können normalerweise nicht auf den Mindestlohn an­ge­rech­net wer­den. Vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleistete Jahressonderzahlungen sind bei der Prüfung der Einhaltung des Mindestlohns dagegen zu berücksichtigen.

Irrtum Nr. 3: Der Minijob ist ein Arbeitsverhältnis zweiter Klasse. Hier besteht weder Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch auf bezahlten Urlaub.

Dies ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Auch geringfügig Beschäftigte, sog. Minijobber, mit einem Arbeitsverdienst bis 450,00 Euro brutto pro Monat haben – wie andere in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer auch – grundsätzlich die gleichen Rechte wie ein Vollzeitarbeitnehmer. Das bedeutet, dass sie sowohl im Falle einer Erkrankung Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall haben, wenn sie bereits mehr als vier Wochen bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt sind, als auch, dass sie Anspruch auf bezahlten Urlaub haben. Lediglich die Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und die Ermittlung der Urlaubshöhe bereiten bei Minijobbern teilweise Probleme, wenn diese sehr unregelmäßig und nicht nach einem festen Plan eingesetzt werden.
Kraft Gesetzes steht den Minijobbern jedenfalls ein (bezahlter) Urlaub von insgesamt vier Wochen zu. Sind sie nur an zwei Tagen die Woche beschäftigt, bedeuten vier freie Wochen acht tatsächliche Urlaubstage. Im Falle einer vereinbarten Festvergütung wäre diese während des Urlaubs unverändert fortzuzahlen.

Erschienen in: SonntagsReport vom 02./03.12.2017