Was Sie zu (unwirksamen) Regelungen in Arbeitsverträgen wissen sollten!
Irrtum Nr. 1: Was im Arbeitsvertrag steht, gilt auch!
Falsch! Viele Regelungen in Arbeitsverträgen sind unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. Sie halten daher einer AGB-Kontrolle (auch Arbeitsverträge enthalten regelmäßig vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen!) nicht stand. Dies gilt vor allem für Vertragsstrafeklauseln, die ganz pauschale Vertragsstrafen vorsehen, ohne auf den Verstoß abzustellen und ohne die geltende Kündigungsfrist zu beachten sowie für Ausschlussfristen, die einen Verfall von Ansprüchen nach weniger als 3 Monaten vorsehen.
Andere Regelungen sind unwirksam, weil sie zuungunsten des Arbeitnehmers vom Gesetz oder von Regelungen in anwendbaren Tarifverträgen abweichen. Dies ist häufig bei der Nichteinhaltung bzw. Umgehung von Ansprüchen auf Mindestlohn, Mindesturlaub oder der Nichtbeachtung der Vorgaben und Grenzen des Arbeitszeitgesetzes (maximal 48 Wochenstunden, zwingende Ruhepausenregelungen, Beschränkung der Nacht- und Sonntagsarbeit und Ausgleichsregelungen hierzu) der Fall. Auch zu lang gewählte Probezeiten (mehr als 6 Monate) regelmäßig unwirksam.
Darüber hinaus werden zu kurz gewählte Kündigungsfristen durch die gesetzlichen Regelungen, die entsprechend der Beschäftigungsdauer immer längere Kündigungsfristen vorsehen, ersetzt.
Ferner werden im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung viele Vorschriften nicht eingehalten, insbesondere die nicht ausschließbare Vergütungspflicht auch im Falle der Nichteinsetzbarkeit.
Auch der völlig flexible Abruf von Arbeitnehmern nach dem (meist kurzfristigen) Bedarf des Arbeitgebers ohne Festlegung einer Wochenstundenzahl ist regelmäßig nicht zulässig. Hier gibt das Gesetz für die sog. Abrufarbeit genaue Regelungen vor, wann im Voraus und für wie lange am Stück abzurufen ist und welche Stundenzahl anzunehmen ist, wenn nichts vereinbart ist.
Im Übrigen sehen Arbeitsverträge teilweise ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor. Manche Arbeitgeber nehmen ein solches mit auf, ohne zu wissen, dass sie bei einer wirksamen Beschränkung der weiteren Tätigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers hierfür eine sogenannte Karenzentschädigung bezahlen müssen. Häufig sind entsprechende Klauseln wegen einer fehlenden Karenzentschädigungszusage unwirksam oder wegen einer unangemessenen Bindungsdauer und/oder einer zu weit gehenden sachlichen und örtlichen Beschränkung nicht bindend.
Irrtum Nr. 2: Wer einen „Werkvertrag“ oder einen „Freien Mitarbeiter-Vertrag/Dienstvertrag“ abgeschlossen hat, kann keine Arbeitnehmerrechte geltend machen.
Auch dies ist falsch! Viele Verträge werden von Arbeitgebern aus Unwissenheit oder ganz bewusst falsch bezeichnet, um die Arbeitnehmerschutzvorschriften zu umgehen. Hierbei geht es vor allem um die Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen, aber auch um typische Arbeitnehmerrechte, wie solche auf Mindestlohn, Urlaub und Entgeltfortzahlung an Feiertagen und im Krankheitsfall.
Im Falle einer Überprüfung vorm Arbeitsgericht (oder durch die Deutsche Rentenversicherung) kommt es jedoch nicht auf die Bezeichnung, sondern darauf an, wie der Vertrag in der Praxis gelebt wird. Wer persönlich abhängig, in den Betrieb eingegliedert und weisungsgebunden (zeitlich, örtlich und sachlich) ist, kann sich als Arbeitnehmer herausstellen. Hier ist für Arbeitgeber besondere Vorsicht geboten, da dies zu gravierenden Nachzahlungspflichten führen kann, während sich auf Arbeitnehmerseite entsprechend große Chancen ergeben.
Erschienen in: SonntagsReport vom 02./03.09.2017