Neuerungen im Arbeitsrecht 2020: Was Sie unbedingt zum Mindestlohn, Urlaubsverfall u.a. wissen sollten!
1. Der Mindestlohn ist gestiegen
Zum 01.01.2020 ist der gesetzliche Mindestlohn von 9,19 Euro auf 9,35 Euro gestiegen. Dies hatte die Bundesregierung auf Vorschlag der Mindestlohnkommission beschlossen. Der gesetzliche Mindestlohn gilt wie bisher grundsätzlich für alle volljährigen Arbeitnehmer, jedoch nicht für Langzeitarbeitslose nach Aufnahme einer Arbeit in den ersten sechs Monaten. Auch bei Pflichtpraktika oder Praktika unter drei Monaten sowie für Auszubildende gilt er nicht.
Es gibt auch weiterhin in diversen Branchen tarifliche Mindestlöhne, die über dem gesetzlichen Mindestlohn als allgemeiner Untergrenze liegen. Diese gelten ggf. aufgrund einer Bezugnahme im Arbeitsvertrag, beiderseitiger Tarifbindung oder allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge.
2. Erstmals eigener Mindestlohn für Auszubildende
Der Gesetzgeber hat zum 01.01.2020 eine Neuregelung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) beschlossen, durch das die Attraktivität der Berufsausbildung erhöht und die Abbruchquote in der Ausbildung verringert werden soll. Hierzu gehört auch eine Mindestvergütung für Auszubildende, international vergleichbare Abschlussbezeichnungen und mehr Möglichkeiten, eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, was bislang nur in Ausnahmefällen möglich war.
Alle Auszubildenden, die im Jahr 2020 eine Berufsausbildung beginnen, sollen nun mindestens 515,00 Euro monatlich im ersten Lehrjahr verdienen. Dieser Betrag soll in den folgenden Jahren schrittweise auf bis zu 620,00 Euro monatlich erhöht werden. Im zweiten und dritten Ausbildungsjahr wird es ebenfalls höhere Ausbildungsvergütungen geben.
ACHTUNG: Für alle Auszubildenden, die sich bereits in einer Ausbildung befinden, gilt die Neuregelung nicht. Zudem werden Ausnahmen von der Mindestvergütung möglich sein, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften für einzelne Branchen eigene Vereinbarungen treffen.
3. Kein Urlaubsverfall ohne Mitwirkung des Arbeitgebers
Nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) musste Jahresurlaub grundsätzlich im laufenden Jahr genommen werden, da er ansonsten verfällt bzw. weil er sonst im Falle einer Übertragung auf das Folgejahr – etwa aus dringenden betrieblichen Gründen – spätestens am 31. März des Folgejahres verfällt. Der Gesetzgeber verfolgt damit den Zweck, das Ansammeln von Urlaubsansprüchen zu verhindern und den Arbeitnehmern die notwendige Erholung zu verschaffen.
Das Bundesarbeitsgericht hat im Jahr 2019 vorstehende Vorschriften allerdings europarechtskonform ausgelegt, mit dem Ergebnis, dass der Urlaub nicht mehr automatisch verfällt. Vielmehr müssen Arbeitgeber nunmehr auf den drohenden Urlaubsverfall konkret und individuell hinweisen. Dies hat zur Folge, dass der Urlaub künftig nur noch endgültig und ersatzlos zum 31. März des Folgejahres verfällt, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Hat der Arbeitgeber dies nicht getan, also beispielsweise einem Minijobber grundsätzlich gar keinen Urlaub zugestanden oder schlichtweg nicht individuell auf Verfallsregelungen hingewiesen (eine übliche Verfallsklausel im Arbeitsvertrag dürfte nicht ausreichen), so bleibt der Urlaub nach der neuen BAG-Rechtsprechung bestehen.
Hintergrund ist, dass der EuGH es als unionsrechtswidrig ansah, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaubanspruch verliert, bloß weil er keinen Urlaubsantrag beim Arbeitgeber gestellt hat. Der Arbeitgeber müsse nachweisen, dass er seinen Mitarbeiter angemessen aufgeklärt und in die Lage versetzt hat, den Urlaub zu nehmen. Arbeitgeber müssen also künftig rechtzeitig schriftlich und individuell die Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum 31. Dezember oder bis zum Ende des Übertragungszeitraums in vollem Umfang genommen werden muss, da er ansonsten verfällt.
Bei längerer Krankheit verfällt der Urlaub aber wohl weiterhin erst spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres (also beispielsweise der Urlaub aus dem Jahre 2018 spätestens zum 31.03.2020). Hieran dürfte sich wohl durch die neue Rechtsprechung nichts ändern. Ob es auch bei Langzeitkranken einer Aufforderung des Arbeitgebers bedarf, ist noch nicht geklärt.
ACHTUNG: BAG und EuGH unterscheiden stets zwischen dem gesetzlichen (Mindest-)Urlaubsanspruch und dem freiwilligen Zusatzurlaub. Arbeitgebern ist daher auch weiterhin dringend anzuraten, diese Unterscheidung bei den Urlaubsansprüchen in ihren Arbeitsverträgen vorzunehmen.
Bei der Prüfung und Gestaltung von Arbeitsverträgen stehen wir Ihnen gerne rechtsberatend und -vertretend zu Verfügung.